Sonntag, 1. Mai 2016

Weinraritätenabend bei Mario Gamba
im Restaurant Acquarello

Schon oft habe ich mich gefragt, wie gereifter Wein schmeckt, wenn er wirklich schon ein stattliches Alter hat. Im heimischen Weinkeller versuche ich es immer wieder, ein paar Flaschen zur Seite zu legen. Leider gelingt mir das nicht sehr gut, wir trinken den Wein viel zu jung. Bereits nach zwei bis drei Jahren lässt sich bei manchen Weinen eine geschmackliche Steigerung feststellen. Was passiert nach zwanzig oder noch mehr Jahren? Darüber habe ich bisher nur gelesen und konnte es mir nicht vorstellen.

Einmal im Jahr gibt Mario Gamba langjährigen Gästen die Gelegenheit an einem Weinraritätenabend im Restaurant Acquarello teilzunehmen. Für diesen Abend stellte die Enoteca Castelletti, Ponte San Pietro in Bergamo die kostbaren Raritäten aus ihrem Weinkeller zusammen. Die Enoteca wird seit über 80 Jahren von der Familie Castelletti geführt und gilt als beste Enoteca Italiens.

An diesem sehr besonderen Abend gab es mehrgängiges Menü, das die typische Handschrift von Mario Gamba trug. Er hat sich der klassischen Cucina Casalinga verschrieben und verwendet dafür ganz besondere Zutaten, wie den seltenen Radicchio Rose aus Görz, nach denen er intensiv sucht. Verfeinert werden die Gerichte mit der großen französischen Kochkunst, die er auf seinem beruflichen Weg bei Spitzenköchen, wie Heinz Winkler, schätzen lernte. Das kann man ganz besonders bei den Saucen schmecken.

Unter den Weinen befanden sich nicht nur Rotweine, denen man ein würdiges Alter eher zutraut, sondern auch zwei Weißweine aus den Jahren 1989 und 1982. Die beiden haben mich als Weißweintrinkerin besonders begeistert. Solche Aromen habe ich bei Weißwein bisher noch nicht erlebt.

Als ganz besondere Ehre habe ich es empfunden, einen Malaga Riserva aus dem Jahre 1885 trinken zu dürfen. Alle Weine präsentierten sich als rund und sehr komplex in den Aromen. Da war kein unangenehmer Geschmack, nach überlagerten Weinen, spürbar. Dieser großartige Abend bleibt mir noch lange in Erinnerung und gehört zu den kulinarischen Highlights, die ich bisher erleben konnte.

Radicchio Rose aus Görz mit Lardo

Geflügelleberpraline im Pistazienmantel, Apfel-Vanille-Ragout

1976 Schloss Groenesteyn, Kiedricher Gräfenstein, Riesling Auslese

Dieser Riesling war bereits 40 Jahre alt und hatte intensive Honignoten mit einer leichten Süße. Trotzdem ist er frisch geblieben und überzeugte mit feinen Zitrusnoten. Das war mein Lieblingswein an diesem Abend.

Luca Castelletti präsentiert die Weine aus seiner Enoteca

Carpaccio vom Fassona Kalb, Parmesanluft, Senffrüchte, Kräuteremulsion

1989 Pouligny Montrachet 1er cr, Clerc & Fils

Der zweite gealterte Weißwein war sehr kräftig im Aroma und schmeckte nach Kräutern und Pumpernickel.

Spaghettinisalat, Oscietra Kaviar von Groll, Schaum von der Amalfizitrone,
Sauerrahm, Wachteleier, Schnittlauch

Taleggio-Tortelli, Paprikaschaum, dreierlei Paprikabrunoise, Kalbjus, Melange Noir

1982 Santenay cru La Comme, Louis Lequin

Den Santenay gab es zu den Taleggio-Teigtaschen und er war der ideale Begleiter, da er deutliche Pfeffer- und Paprikanoten hatte.

1981 Mersault cru Les Malpoiriers, Jean Claude Monnier

Beim Mersault waren die Tannine sehr gut eingebunden und sehr fein. Er hatte eine leichte Bitterness und eine feine Säure.

Onsen-Tamago-Ei mit Blattgold, schwarzer Perigord-Trüffel, Sherryschaum

Filet vom bretonischen Loup de Mer Wildfang, Kartoffelkruste, Rotweinbutter, Meeresalgen

1986 Bordeux CH Canon la Gaffelière Grand cru

Dieser Bordeaux überzeugte mit viel Schmelz und intensiver Frucht. Er harmonierte sehr schön mit den Aromen des Fischgerichts.

Gemüse- & Kräutercappuccino

1979 Sassicaia Riserva, Tenuta San Guido
1971 Barbaresco, Riserva Parroco di Neive

Zum Hauptgang gab es zwei italienische Weine, die immer noch feine Tannine hatten. Der Tenuta San Guido überraschte mit Aromen von Zedernholz, Pilzen und Kräutern.

Mieral Taubenbrust, gelierte Kokosmilch, Mango, Purple Curry


Diez Vintage Porto 1974 mit Käse

Dieser gereifte Portwein hatte die perfekten Aromen, um Käse zu begleiten. Er schmeckte nach Datteln, Feigen und Walnüssen. Auch der Käse war ganz besonders. Darunter befand sich ein Käse, der üblicherweise nur dem Papst serviert wird (zweiter von rechts).

1885 Malaga Riserva, Scholtz

Schwarzwälder Kirsch im Glas

Dreierlei Tartes mit Pistazien-, Karamell- und Kaffeesabayone



Digestif: 1945 Liquore Coca Buton
Für diesen Kräuterlikör werden, neben Melisse, Brennessel und Artemisia, auch Kokablätter aus Peru verwendet. Das Kokain wird während des Herstellungsprozesses eliminiert.


1 Kommentar:

  1. Ich tue mir sehr schwer, bei diesem tollen Menü eine "Cucina Casalinga" zu entdecken. Selbst wenn man die besonderen Zutaten außen vor lässt.

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