Mittwoch, 19. Februar 2014

Grünkohl-Variationen von Heide
als Gastbeitrag zum Winter-Soulfood

Wie ich mir gewünscht habe, sind schon Beiträge zum Blog-Event von Lesern ohne Blog eingereicht worden. Mich freut das ganz besonders, weil manche das erste Mal mit ihren Kochkünsten an die Öffentlichkeit gehen. Mit Heide verbindet mich schon länger eine facebook-Freundschaft. Leider haben wir uns noch nicht persönlich kennengelernt, aber vielleicht klappt das einfach mal ganz zufällig. Heide wollte Ihren Beitrag gerne als Gastbeitrag vorstellen.

Vielen Dank für Deinen schönen und interessanten Beitrag, liebe Heide.

Wintersoulfood – Soulfood für den Winter, im Winter, der bislang keiner ist. Für die durchschnittliche Ammerländerin kann es auf die Frage von Dorothée nach Wintersoulfood fast nur eine Antwort geben: Grünkohl.

3 Jahre Bushcooks Kitchen - Blog-Event Winter-Soulfood


Ich bin weder durchschnittlich noch geborene Ammerländerin, aber ich bin im Ammerland aufgewachsen und nach 22 Jahren Berlin vor einer Weile wieder hierher zurückgekehrt – unter anderem weil es in Berlin überdurchschnittlich umständlich war Grünkohl und Pinkel in guter Qualität zu bekommen. Und das geht gar nicht – denn Grünkohl im Winter ist ein Muss, ohne ist ein Winter kein echter Winter. Nach 22 Jahren hatte ich also einen gewissen Nachholbedarf. Zum Glück gehört Grünkohl zu den wenigen Gerichten, die ich kochen kann – und die mein Mann dann auch noch freiwillig ohne Androhung von Gewalt isst. Normalerweise kocht er bei uns, aus guten Gründen, auf die ich hier lieber nicht näher eingehen werde, die ersten Kapitel von Frau Neudeckers Buch dürften allen Interessierten eine gute Idee geben ;)

In meiner Kindheit in der Wesermarsch, die liegt gleich neben dem Ammerland, gab es im Winter (=erster Frost bis Gründonnerstag) regelmäßig Grünkohl mit Pinkel, Bauchspeck und Kassler – davon hat meine Mutter auch nicht abgelassen, als wir ins Ammerland gezogen sind. Warum auch, dort ernährt man sich im Winter auch von Grünkohl. In dieser Version liebe ich ihn immer noch – aber inzwischen auch in anderen Varianten. Schuld sind zwei Männer, die ich bislang persönlich noch nicht getroffen habe, aber auf Facebook inzwischen „Freunde“ sind. Von dem einen gibt es bei diesem Event sogar ein Kochbuch zu gewinnen – wer es bekommt, darf sich wirklich glücklich schätzen!



Auf dem Bild ist eine Marge für Chips ohne Erdmandeln
zu sehen – es geht auch nur mit Ölen, Sojasauce und Chili.
Allerdings tropft dann mehr runter und die Chips
sind deutlich öliger.
 
 
Und nun geht es endlich mit den Grünkohlvariationen los:

Grünkohl mit Pinkel

  • Grünkohl (für 2 Personen ca. 1kg gerupften frischen Grünkohl)
  • Ammerländer! Pinkel (pro Person und Mahlzeit ½ - 1 Pinkel)
  • Kassler – ich mag am liebsten Nacken, den Knochen ausgelöst
  • Bauchspeck (geräuchert)
  • Zwiebeln
  • Gänseschmalz
  • Rinderbrühe oder Rindfleischextrakt + Wasser
  • Hafergrütze
  • Mittelscharfen Senf mit geringer Säure
  • Lorbeerblätter
  • Rohrzucker
  • Salz & Pfeffer

  • Den größten Topf der Küche (vorzugsweise einer aus Gusseisen)
  • Kartoffeln (+ Topf); ich mag am liebsten eher mehlig kochende Kartoffeln, da ich alles auf dem Teller miteinander vermenge. Festkochende Kartoffeln schmecken aber auch dazu.


Grünkohl kocht man in der Regel nicht für eine einzige Mahlzeit für 1-2 Personen, sondern entweder für eine große Runde oder auf Vorrat. Man kann ihn gut einfrieren und noch viel besser wieder aufwärmen. Traditionalisten behaupten, dass er am ersten Tag nicht essbar sei und erst ab dem 2. Aufwärmen zum Hochgenuss wird. Naja, jeder darf seine Meinung haben, mir schmeckt er schon am ersten Tag.

Den Grünkohl waschen und hacken, aber nicht zu fein. Mit ordentlich Gänseschmalz anbraten, Griebenschmalz geht auch. Parallel dazu Zwiebeln hacken und ebenfalls im extra Topf mit Schmalz anbraten. Wenn der Grünkohl auf eine topfkompatible Menge zusammengefallen ist, beides zusammengeben und etwas Rinderbrühe angießen. Nicht zu viel, das Gericht soll später auf einem flachen Teller serviert werden können. Bauchspeck, Kasslernackenknochen und Lorbeerblätter dazu geben, wer möchte kann auch einige Pimentkörner mit reinwerfen und köcheln lassen – ca. 1 Stunde lang. Der Kohl sollte relativ weich sein, aber noch nicht matschig – wie lange er braucht hängt von der Sorte ab, es soll mindestens 25 unterschiedliche geben.

In der Zeit können schon mal die Kartoffeln geschält und ggf. die Grünkohlchips (s.u.) vorbereitet werden.

Dann wird das Fleisch in Portionsgröße geschnitten mit dazu gegeben, ebenso die Pinkel (vorher einige Male anstechen) und die Hafergrütze. Wer keine Hafergrütze im (Bio-)Supermarkt seines Vertrauens findet, kann sie in diversen Online-Shops bestellen. Die Hafergrütze dient zum Binden und als Strukturgeber – auf einen Topf für 6 Personen gebe ich etwa 2 Handvoll. Kartoffeln aufsetzen. Wer strategisch kocht, schmeckt unter Berücksichtigung des noch aus dem Kassler kommenden Salzes vor der Zugabe von Fleisch und Pinkel mit Senf, Zucker (eher etwas mehr als zu wenig), Pfeffer und Salz ab. Ich fische meist kurz vor dem Servieren alles wieder raus, schmecke ab und füge dann alles wieder zusammen. Wer einmal den Kampf mit der Pinkel im großen Creuset verloren hat versteht die sinnvolle Reihenfolge, aber mich nicht (ich auch nicht) … . Wichtig: Gut umrühren, damit auch die untersten Schichten Senf & Co. abbekommen.

Je nach Hersteller brauchen die Pinkel etwa 20 – 40 Minuten. In der Zeit ist das Fleisch auch gut. Wer das Fleisch lieber als ganzes Stück garen möchte, gibt es zusammen mit dem Speck und dem Knochen zum Kohl. Im Zweifel alles so lange kochen bis das Fleisch gar ist oder die Gäste meutern.

In vielen Zweigen der Familie wird eine Pinkel aufgeschnitten, ausgekratzt und der Inhalt zum Kohl gegeben – das macht ihn noch etwas gehaltvoller. Ich mache es manchmal, eher selten. Nicht, weil ich es nicht mag, sondern weil ich beim Einkauf vergesse eine Pinkel extra zu kaufen.

Zum Grünkohl wird eher herbes Bier getrunken. Wir brauen selber, daher keine konkrete Empfehlung. Früher, ganz früher, als Jever noch wie Jever schmeckte, da haben wir – genau – Jever dazu getrunken. Aber inzwischen ist die Brauerei verkauft worden und das Bier von dort schmeckt mir nicht mehr. Begleitet wird das Bier von dem ein oder anderen Schnaps. Bei uns üblicherweise ein „Alter Korn“, es kann aber auch ein Linienaquavit oder ein anderer Schnaps sein. Ein gutes Mineralwasser schmeckt aber auch dazu.

Wer keine Lust hat selber zu kochen und trinkfest ist, kann auf Grünkohltour gehen. Was das ist, wird hier relativ gut erklärt: http://www.brauchwiki.de/Grünkohltouren



An Tagen, an denen wir keine Lust auf Fleisch haben, aber trotzdem großen Grünkohlhunger, gibt es Grünkohl mit Pfefferbirnen – stark angelehnt an das Rezept von Stevan Paul aus „Deutschland vegetarisch“. Die Pfefferbirnen gehören für mich zu den absoluten Highlights des letzten Jahres, sie haben einen erschreckend hohen Suchtfaktor.

Grünkohl mit Pfefferbirnen:

Für den Grünkohl:

  • Grünkohl, gewaschen und gerupft
  • Zwiebeln, gehackt
  • Gänseschmalz (alternativ Sonnenblumen- oder Rapskernöl)
  • Lorbeerblätter
  • Bohnenkraut
  • Brühe (was halt gerade da ist – Gemüse- oder Fleischbrühe)
  • Zucker
  • Salz & schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen
  • Apfel (vorzugsweise Boskop)
  • Mittelscharfen Senf

Zwiebeln in Schmalz oder Öl andünsten bis sie schön glasig sind, Grünkohl blanchieren und zu den Zwiebeln geben. Außer dem Apfel und dem Senf alles dazu geben und ½ Stunde lang köcheln lassen. Den Apfel reiben, zum Kohl geben, alles mit Senf, Salz, schw. Pfeffer und Zucker abschmecken.

Die Pfefferbirnen:

  • Reife Birnen (mit festem Fleisch), pro Person 1 – 2 Birnen
  • Butter
  • Sonnenblumenöl
  • Frischer oder getrockneter Majoran
  • Schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen

Birnen waschen und vierteln, Kerngehäuse entfernen. In Butter und Öl braten, bis sie schön goldgelb sind. Majoranblätter dazugeben, gut durchschwenken, mit ordentlich Pfeffer und ein wenig Salz würzen.

Wir servieren dazu Salzkartoffeln oder Bratkartoffeln, die mit etwas Rohrzucker karamellisiert wurden. An Gewürzen kommt an die Bratkartoffeln, was meinem Mann gerade in die Hände fällt. Salz ist immer dabei, ansonsten wechseln sich süßes Räucherpaprikapulver, gemahlene Chipotles, Currypulver, schwarzer Pfeffer, Muskatnuss und Muskatblüte gerne ab.



Als ich das erste Mal von Grünkohlchips gehört habe, dachte ich mir, der Typ spinnt. Grünkohl wird gekocht bis er tot ist und nur dann schmeckt er. Naja, da stand was von Chili und das macht mich per se neugierig. Beim nächsten Grünkohlessen wurden ein paar Zweige abgezwackt und getestet. Mit dem Ergebnis: Der Typ spinnt, aber die Macke ist echt sympathisch. Wenn der Dörrer nicht gerade mit dem Trocknen von Birnen oder Äpfeln beschäftigt ist, trocknet er Grünkohlchips.

Scharfe Grünkohlchips:

  • Grünkohl, gewaschen, gerupft und getrocknet (am einfachsten mit der Salatschleuder)
  • Erdmandeln, gemahlen (alternativ Cashew- oder Macadamiamus – dann braucht man weniger Öl)
  • Helle Sojasauce
  • Sesamöl
  • Kaltgepresstes Sonnenblumenöl
  • Chilipulver

Warnung: Mir wurden schon „Kutteln aus Platin“ attestiert – d.h. ich vertrage Chili in relativ hohen Dosierungen. Auf knapp 1kg Grünkohl gebe ich 2 Teelöffel Bhut-Jolokia-Pulver. Bitte mit deutlich weniger anfangen! Wenn die Marinade beim Abschmecken eine leichte Schärfe hat, ist es für den Anfang vollkommen ausreichend. Steigern kann man immer noch, Gründonnerstag ist ja noch eine Weile hin.

Aus den Erdmandeln, der Sojasauce und den Ölen eine Marinade anrühren, die Sojasauce sollte man schmecken ohne dass sie dominant ist, das Sesamöl sollte dezent durchklingen. Chilipulver nach Wunsch dazu geben. Darin den Kohl portionsweise baden, dann entweder auf einem Backbleck oder Gittern für den Dörrer verteilen. Nutzt man den Dörrer, ¼ Stunde lang über einem Tuch abtropfen lassen und als unterstes Gitter ein Leeres nutzen, auf dem man ein paar Stücke Küchenpapier legt. Ansonsten tropft einem das Öl in das Heizteil. Bei 60-70 Grad im Dörrer je nach Grünkohlsorte und Stückgröße 2-5 Stunden trocknen bis sie schön crunchy sind. Im Backofen bei 150 Grad (Kochlöffel in die Tür stecken, damit die Feuchtigkeit abziehen kann) bis sie knusprig sind.


3 Kommentare:

  1. Hallo Heide! Ich komme aus Bremen-Nord und bin natürlich auch Kohl-und-Pinkel-Fan - aber seit ich nicht mehr in Deutschland wohne, habe ich andere tolle Grünkohl-Rezepte kennengelernt - zum Beispiel: http://thebrusselscooker.blogspot.be/2013/11/grunkohl-voll-im-trend.html

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    1. Hallo Gigi,
      schön, dass Du auch eine Grünkohl-Liebhaberin bist.

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    2. Hallo Gigi,
      danke für den Tipp - Grünkohl auf chinesisch hört sich gut an (im Gegensatz zu den spassbefreiten Varianten von Frau P. ;) ).

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