Dienstag, 7. Oktober 2014

Flavour Pairing mit Walnüssen, Schellfisch
und Heiko Antoniewicz

Food Pairing oder Flavour Pairing ist in aller Munde und immer mehr Köche und Bartender beschäftigen sich damit. Die Idee dahinter ist, Lebensmittel zu kombinieren, deren Aromen verwandt sind. Der Belgier Bernard Lahousse hat dies akribisch untersucht und für viele Lebensmittel Foodpairing-Bäume entwickelt. Diese stellen ein Produkt in den Mittelpunkt und gruppieren die verwandten Aromen herum. Dabei gilt, je verwandter zwei Aromen sind, desto kürzer ist der Zweig und desto besser passen die Zutaten zueinander. Wer mehr darüber wissen möchte, findet hier einen interessanten Artikel der Süddeutschen Zeitung.

In Deutschland gilt Heiko Antoniewicz als einer der führenden Experten für dieses Thema. Sein umfangreiches Wissen gibt er in dem Buch Flavour Pairing oder bei Seminaren für Profis weiter. Bestimmt könnt Ihr Euch meine große Freude vorstellen, als ich von der Kalifornischen Walnuss Commission und Zorra zu einem Workshop nach Frankfurt eingeladen wurde. Meine Freude war so groß, dass ich dafür sogar einen Urlaub kurz unterbrochen habe.

Für die Fahrt nach Frankfurt hatte ich mir einen Zug ausgesucht, mit dem ich drei Stunden vor Workshop-Beginn ankommen sollte. Ja, sollte! Sehr pünktlich stand ich in Karlsruhe auf dem Bahnsteig und musste die Anzeige gleich dreimal lesen, bis ich sie kapiert hatte: "Der Zug fällt heute aus!" Wie??? AUS??? Es half alles nichts, ich musste umbuchen und kam natürlich viel zu spät und mit wehenden Fahnen in der Genussakademie in der Frankfurter Fressgass an.



Heiko Antoniewicz und "sein Schatten" Adrien Hurnungee waren schon mitten im Thema. Ich war wirklich sehr froh, dass ich nur 15 Minuten verpasst hatte. Heiko demonstrierte das Spiel mit Aromen und Texturen an der Walnuss. Wir durften sie in vier Varianten verkosten. Ganz zart und fein waren die Nüsse ohne Haut. Die hatte Adrien in liebevoller Kleinarbeit abgerubbelt. Allen bekannt war der Geschmack der Walnuss mit Haut, wie wir sie kaufen können. Entgegen der allgemeinen Meinung röstet Heiko die Walnüsse nicht in einer trockenen Pfanne. Seine Erklärung leuchtet ein, die Walnuss hat keine glatte Oberfläche und kann gar nicht rundum geröstet werden. Er frittiert sie in neutralem Öl, wie Sonnenblumen- oder Rapsöl. Für uns röstet er sie einmal kürzer und einmal länger. Das schmeckt tatsächlich unterschiedlich. Als angenehmen Nebeneffekt erhält man auch noch ein aromatisiertes Öl, das für andere Gerichte weiter verwendet werden kann.

Der Geruch macht mich hungrig, da in der Hektik auch mein Mittagessen ausgefallen ist. Glücklicherweise kann Heiko das fertige Walnussbrot aus dem Ofen holen. Die dunkle Kruste ist gewollt und hat einen kräftigen Geschmack. Aus vorgegarten Paprikaschoten und gerösteten Walnüssen zaubert Heiko im Handumdrehen eine Muhammara-Paste und alle freuen sich über den ersten köstlichen Snack.



Bei der Kombination von Hühnerbrust mit Walnüssen zeigte uns Heiko noch einige Tricks. Das Fleisch war vakuumiert und wurde bei 56 Grad sousvide-gegart. Die Haut bekam eine extra Behandlung und wurde zwischen Backpapier gelegt und in der Pfanne knusprig gebraten. Dabei muss sie beschwert werden. Etwas Hühnerfond komplettierte das Amuse-Bouche, das ich Huhn in Texturen nennen würde :-).


So langsam wurde es ernst. Wir sollten in einem Koch-Wettbewerb das erlernte Wissen gleich praktisch anwenden. Zu diesem Zweck stand ein gigantischer Warenkorb bereit. Kein Wunder, schließlich ist die Walnuss eine kooperative Zeitgenossin und passt zu 240 Aromen. Oder anders gesagt, zu eigentlich fast allem. Die zweite Pflichtzutat war ein Schellfisch. Der hat mich deutlich weniger begeistert, als die Nuss. Heiko erklärte uns das ganze Sortiment genau und dann ging es los. Die Kochteams wurden ausgelost und ich durfte mit Silvia und Tobias kochen.

Wir haben uns erst einmal den ganzen Warenkorb intensiv angesehen und uns zur Beratung zurück gezogen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass der langweilige Schellfisch ein Püree vertragen konnte. Und mir ging der Sellerie aus dem Warenkorb nicht mehr aus dem Kopf. Wir diskutierten und dann waren wir uns einig. Es wird Selleriepüree und das schmecken wir mit Vanille ab. So kamen dann die Cocktailtomaten noch ins Spiel. Die geben auf jeden Fall einen schönen Farbtupfer und zu Vanille passen sie auch. Was Grünes wäre doch auch noch nett, also wollten wir ein Petersilienöl machen.

Die Walnuss sollte kräftig frittiert werden und der Schellfisch wird dann hoffentlich alles mitmachen, so langweilig, wie er schmeckt. Von Heiko kam der Tipp, den Fisch in eine salzige Marinade zu legen. Wir wurden mutig und kombinierten Mandarine und Petersilienstängel dazu. Das hat dem Fischfilet richtig gut getan. Dann wurde es sanft auf einem Gitter im Ofen gegart und zum Schluss mit dem Bunsenbrenner abgeflämmt. Vorsichtshalber habe ich noch etwas Ingwerknusper für ihn gemacht und Mandarinenschale darüber gerieben.


Nach zwei Stunden sollte jedes Team drei Teller stehen haben. Einer war für die Jury, die aus Zorra und Heiko bestand und von den beiden anderen durften alle probieren. Wir beneideten die Jury nicht um die Entscheidung. Da sind drei tolle Gerichte entstanden:
- Würz-Schellfisch auf Vanille-Selleriepüree mit Petersilienöl und geschmolzenen Cocktailtomaten
- in Pork Floss und Walnusskrümeln panierten Schellfisch mit Cous Cous und
  Kaffee-Avocado-Creme
- Schweinefisch mit Hähnchennudeln und Chili Marmelade


Heiko und Adrien hatten noch ein tolles Walnuss-Menü für uns vorbereitet und wir durften an der schön gedeckten Tafel Platz nehmen. Der butterzarte Schweinbauch hat sich nur auf das Bild geschummelt, den gab es schon vor dem Wettbewerb. Den Menü-Auftakt machte ein Irischer Lachs mit Walnüssen gefüllt, Facetten von Sellerie und grünem Tee. Unsere Gruppe hat natürlich gleich vermutet, dass das Selleriepüree auf dem Teller noch von unserem Gericht stammt. Zum Hauptgang gab es eine Barberie-Entenbrust mit brauner Butter, gestockter Walnussmilch und Blumenkohl.



Vor dem Dessert wurde es noch einmal spannend. Zorra und Heiko gaben das Urteil der Jury bekannt. Wir haben uns riesig gefreut, denn der Teller unseres Teams hat gewonnen. Der Preis war das tolle Buch "Flavour Pairing - Das Spiel der Aromen" von Heiko und ein Kaffeeöl aus seiner Linie.

Das Dessert Rahmeis aus Roter Bete mit Walnüssen in Karamell, Himbeere und Fleur de Sel war der perfekte süße Abschluss des Menüs. Wir sind noch lange in der schönen Runde zusammen gesessen und konnten uns ausgiebig unterhalten. Es war ein ganz besonders schöner Tag, der mir sehr viel Spaß gemacht hat. Besonders gefreut hat mich das Wiedersehen mit Nata, Silvia und Zorra und das Kennenlernen von Bella, Christine, Tobias und Jens.
Ganz herzlichen Dank an die kalifornischen Walnüsse für die schöne Einladung und vielen, vielen Dank an Eva, Carolin, Christine und Nina von Fleishman-Hillard für die perfekte Betreuung und an Heiko und Adrien für diesen ganz besonderen Workshop.


Und hier sind die Berichte der Kollegen:
Jens von gekleckert.de
Nata von pastasciutta
Zorra von Kochtopf
Bella von Ko(ch)lloquium
Silvia von Volle Lotte
Tobias von Der Kuchenbäcker
Christine von Schabakery

6 Kommentare:

  1. Liebe Doro,

    ich habe mich am Wochenende nach Deiner ausführlichen Anleitung auch am Püree versucht, allerdings ist es nicht annähernd so fantastisch geworden wie Eures! Ich glaube ich muss da noch mal bei Dir in die Lehre gehen!
    Ich habe es dann auch endlich geschafft, meinen Bericht fertig zu stellen und habe ihn frech über meinen Namen verlinkt.
    Viele Grüße,
    Christiane

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    1. Liebe Christiane,

      es freut mich ganz toll, dass Du das Püree gekocht hast. Ich mache das schon seit Jahren und aus dem Handgelenk. Ein wichtiger Teil ist die Konsistenz und wen ich kein typischer Fan bin, aber das kann der TM so richtig gut. Wenn Du es mit dem Zauberstab machst, dann musst Du es leider durch ein Sieb streichen.

      Es wird auch mit der Zeit, wenn Du es öfters machst, dann bekommst Du auch ein Gefühl dafür :-).

      Ich habe Deinen Beitrag auch eingetragen.

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  2. Halli Hallo,
    ich habe das Püree auch nachgekocht - meine Schwester und ihr Freund waren begeistert, auch wenn ich es ebenfalls, glaube ich, nicht ganz so gut wie du/ihr hinbekommen habe.
    Glückwunsch nochmal zum verdienten Sieg :)
    LG, Isabel

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    1. Liebe Isabel,
      das begeistert mich wirklich, dass Ihr beide es schon gemacht habt. Vielen Dank für Deinen lieben Glückwunsch und hoffentlich zieht das Püree bei Euch als Standard ein. Je öfter Du es machst, desto besser wird es :-).

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  3. Euer Fisch war alles andere als langweilig und das Pürée der Hammer! Aber das weisst du ja. Schön fand ich es auch,dass wir endlich mal Zeit hatten zu plaudern. Auf bald mal wieder!

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    1. Unser kleines spätes Plauderstündchen müssen wir unbedingt wiederholen. Mir hat der Workshop auch deshalb so gut gefallen, weil wir auch Zeit für so etwas hatten.

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