Dienstag, 7. Juli 2015

Ein Besuch bei dem traditionellen Topf-Hersteller Lagostina am Lago d'Orta

Als ich Lagostina zum ersten Mal gehört habe, musste ich bei google nachfragen. Auf der Homepage erfuhr ich dann, dass es ein traditioneller italienischer Topfhersteller mit einer 100-jährigen Geschichte ist. So gefühlt, gibt es keinen italienischen Haushalt, in dem es nicht mindestens einen Topf von Lagostina steht. In den meisten Fällen wird es der berühmte Schnellkochtopf sein, der einen sehr interessanten Deckel hat. Auf Anhieb hat mir ein Risottotopf mit einem Holzdeckel am besten gefallen.

Ein paar Monate später schon durfte ich auf Einladung von Lagostina zwei Tage am Lago Maggiore verbringen und das Werk besichtigen. 

Nach einem kurzen Flug nach Mailand wurde unsere kleine Reisegruppe am Flughafen Malpensa abgeholt und ins Regina Palace Hotel nach Stresa gefahren. Unser Fahrer wählte ganz umsichtig den Weg am See entlang und fuhr nicht durch den Tunnel. Den Anblick des Sees und die Fahrt auf der Uferpromenade weckten gleich eine italienische Grundstimmung in mir.

Ein kleiner Spaziergang am See entlang brachte uns ins Restaurant L'Idrovolante, gegenüber der Isola Bella. Bei herrlichem Sonnenschein genossen wir auf der Terrasse ein paar Antipasti und Tagliatelle - selbstverständlich "fatto in casa".



Zurück im Hotel ließ ich erst einmal die ganze Pracht und wundervolle Landschaft auf mich wirken. Ich fühlte mich ein bisschen wie eine Zeitreisende in einem Schnulzenfilm der 60-er Jahre. Einschließlich flirtender Kellner, wie sich am nächsten Morgen beim Frühstück heraus stellte :-).


Danach besuchten wir den Show-Room von Lagostina in Omegna am Lago d'Orta. Dort wurden wir von Sébastien Alègre, dem Geschäftsführer, begrüsst und er machte uns mit der Marke Lagostina vertraut. In dem Show-Room waren alle Töpfe ausgestellt, die aktuell produziert werden. Zu meiner großen Freude stand dort auch der Risottotopf, den ich bereits virtuell bewundert hatte. 

Sehr interessant fand ich die Schnellkochtöpfe, die einen sehr dünnen Deckel haben, der in dem konisch zulaufenden Topf mit einer Hebelmechanik regelrecht eingespreizt wird. Diese Töpfe werden in viele Länder der Erde exportiert und deshalb gibt es sie in unzähligen Größen, damit sie immer auf die jeweils üblichen Größen der Herdplatten passen.


Vom Show-Room gelangt man nahtlos in das unternehmenseigene Museum. Lillia Massera, die Managerin General Affairs, erläuterte uns ausführlich anhand der zahlreichen Ausstellungsobjekte die Geschichte von Lagostina. Die begann vor über 100 Jahren mit der Produktion von Besteck. Dies wurde aus Metallbändern gefertigt, die um ägyptische Baumwoll-Ballen zur Befestigung geschlungen waren. Die Region war arm und es gab hauptsächlich Landwirtschaft. Lagostina war eine große Chance für die Bevölkerung und entwickelte sich zu einem sehr wichtigen Arbeitgeber.


Der Schnellkochtopf spielte schon immer eine große Rolle bei Lagostina und deshalb wurde ihm ein eigener Raum im Museum gewidmet. Die verschiedenen Modell muten heute fast schon abenteuerlich an, aber das Grundprinzip hat sich bis heute erhalten.



Besonders viel Spaß hatten wir an der Vorführung von drei kleinen Videofilmen aus vergangenen Tagen. Da musste man kein italienisch verstehen, der Charme dieser Werbebotschaften machte das wett. Eins dieser historischen Dokumente von Lagostina habe ich mitgebracht. In diesem Video ist das berühmte Strich-Männchen La Linea zu sehen.



Den Werksverkauf konnte ich gerade noch aus den Augenwinkeln erhaschen (leider) als unsere Gastgeber noch eine kleine Stadtbesichtigung mit uns machten. Das Örtchen Orta San Giulio liegt wunderbar am Hang des Lago d'Orta und ist sehr pittoresk.


Wir schlenderten durch die kleinen verwinkelten Gassen, immer auf der Hut auf dem Kopfsteinpflaster nicht unser gutes Schuhwerk zu ruinieren. Schließlich sollte im Anschluss das Abendessen in der Villa Crespi folgen. Bereits von weitem konnten wir den Turm der Villa bewundern und rätselten, ob er zu einer Kirche oder einer Moschee gehört. Beides falsch er gehört zu dem Restaurant Villa Crespi von Antonino Cannavacciuolo, das mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist. Über sein Menü berichte ich im nächsten Beitrag.


Der zweite Tag unserer kleinen Reise startete wieder bei Lagostina. Heute durften wir das Werk besichtigen und den Herstellungsprozess der Töpfe kennenlernen.

Bereits am Eingang gab es eine alte Maschine zu bestaunen, mit der früher Parmesanreiben hergestellt wurden. Das alte Backsteingebäude hat so viel Flair und zeigt, dass Fabriken auch schön sein können. Vieles hat mich an die Industriedenkmäler im Ruhrpott erinnert, nur mit dem Unterschied, dass es noch voll im Betrieb ist.


Im Konferenzraum wurden wir gleich von dem Werksleiter Fausto Milanesi in Empfang genommen. Mit Modellen erläuterte er, wie aus einer dicken Scheibe ein Topf und aus einer dünnen Scheibe ein Deckel wird. Danach wird mit 10.000 Tonnen Druck eine zweite Scheibe bestehend aus 18/0 Edelstahl und Aluminium aufgebracht. Dies ist der Sandwichboden, der für eine gleichmäßige Wärmeverteilung sorgt.  Alle anderen Teile des Topfs sind aus korrosionsfestem 18/10 Edelstahl. Dieser ist besonders säureabweisend, allerdings ist er nicht magnetisch. Deshalb muss der Boden eines Topfs aus 18/0 Edelstahl bestehen, damit er auch auf einem Induktionsherd benutzt werden kann.

Danach folgte ein Exkurs in Griffe. Es gibt welche, die angenietet werden und welche, die angeschweißt werden. Die genieteten sind robuster und halten mehr aus. Die geschweißten sehen gefälliger aus, da die Innenwand des Topfs glatt ist. 


Endlich durften wir in die Produktion. Nach einer Grundausstattung mit Ohrenstöpsel, gelben Warnwesten und Schutzkappen, die besonders über Ballerinas sehr apart aussehen, ging es los.

An unserem Besuchstag lag der Schwerpunkt der Produktion bei den Schnellkochtöpfen. Hier sieht man, wie die Deckel aus Metallscheiben gestanzt, poliert, gewaschen, kontrolliert und liebevoll von Hand in Seidenpapier gewickelt werden.


Mit dieser Presse kommen die Löcher in das Pastasieb. Das ist sozusagen ein Topf im Topf und wenn die Nudeln fertig sind, muss nur der obere Teil herausgehoben werden und die Nudeln tropfen ab.


Es war sehr beeindruckend zu sehen, wie eine Scheibe in die Maschine eingelegt wird und dann rasen 10.000 Tonnen darauf zu und fertig ist der Topf. Diese Töpfe wandern dann über ausgeklügelte Wege zu den anderen Stationen, wo sie mit dem Sandwichboden versehen, gewaschen und poliert werden.

Immer wieder werden sie von Mitarbeitern manuell kontrolliert. Dieser Arbeiter schlägt innen mit einem dünnen Metallrohr in den Topf und am Klang kann er erkennen, ob der Sandwichboden sich vollständig über die ganze Fläche verteilt. Töpfe, bei denen das nicht ist, sortiert er aus.


So weit das Auge reicht: Töpfe, Töpfe und Töpfe und nochmal Töpfe.........

Viele Arbeiten, besonders im Bereich waschen, polieren und weiter transportieren, werden von Robotern übernommen. Ihre Bewegungen sind immer geschmeidig und synchron. Sie ähneln fast einem Ballett-Tanz, der dem Rhythmus der Fabrikgeräusche folgt.


Ein bisschen mutet das Ganze an, wie die Sendung mit der Maus. Heute: Schnellkochtopf!

Die gerade zulaufenden Töpfe müssen in einem gesonderten Arbeitsschritt konisch nach innen gebogen werden. Das ist notwendig, damit beim Kochen der Deckel darin verankert werden kann.


Je weiter fortgeschritten der Produktionsprozess ist, desto mehr manuelle Arbeiten sind notwendig. Jetzt können die Griffe angebracht werden, die ein Arbeiter in die Maschine, zusammen mit dem Topf einlegt. Kleine Unebenheiten an der Topfoberfläche klopft ein Arbeiter behutsam heraus. Die Deckel und die Ventile werden auf die Schnellkochtöpfe gesetzt und alle Töpfe werden in Kartons verpackt. So kommen sie dann in das Lager und von dort in die Haushalte.


Der interessante und lehrreiche Vormittag im Lagostina-Werk ging blitzschnell vorbei und so langsam mussten wir Abschied nehmen. Doch vorher gab es noch ein Picknick an einem herrlichen Fleckchen Erde, das Lillia entdeckt hatte. Von dort gab es einen wunderbaren Blick über den Lago Orta. Schöne Spezialitäten aus der Region hatte sie im Forum Cafè in Omegna besorgt.

Wir ließen uns Frittata, Reissalat aus Riso Nero Artemide, frisch gebackenes Brot, Salami, eingelegte Steinpilze und Artischocken schmecken. Ein besonderes Highlight waren auch die vier Käse von der Azienda Agricola Agrifolio: Toma Mottarone, Toma Mesma, Formaggella semidi di lino & curcuma und Ricotta fresca vaccina. Im Picknick-Körberl waren auch noch zwei Weine der Cantine Guidetti, mit denen wir zum Abschied noch anstoßen konnten.


Ein bisserl wehmütig trat ich die Heimreise nach München an und dort erwartete mich leider wieder Dauerregen und Kälte. Die wundervollen Tage in Italien habe ich sehr genossen und viel Freude daran gehabt. Mein herzlicher Dank geht an Lagostina für die Einladung und an Marie von Gourmet Connection für die perfekte Betreuung vor Ort.

6 Kommentare:

  1. Töpfe nicht nur für den Herd sondern auch für die Augen und die Seele - ich liebe diesen Risottotopf ! Danke für den schönen Bericht !

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  2. Lieber Tom,
    vielen Dank für Deinen schönen Kommentar. Ich liebe diesen Topf auch und er fühlt sich auch sehr gut an, wenn man ihn anfasst.

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  3. Danke für Deinen Bericht - und wie das Leben so spielt, ich hatte ihn gestern gesehen, ungefähr 2 Stunden nachdem ich mir überlegte, mal wieder an den Lago d'Orta zu fahren; ich war schon am Stöbern nach Hotels, auf einer kleinen Rundtour, die dann Richtung Piemont und Seealpen führen soll. Mit Deinem Bericht kriege ich jetzt noch mehr Lust drauf, das auch zu tun. :-)

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    1. Das ist ja wirklich ein toller Zufall. Mir hat es in der Region sehr gut gefallen und wenn Du vor Ort bist, unbedingt bei Lagostina vorbei schauen :-).

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    2. Hat sich erst mal verschoben - bei dem Sommerwetter und vielen überfälligen Aufgaben bin ich doch daheim geblieben... ;-)

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    3. Ach schade, liebe Barbara, ich hätte Dir schöne Stunden dort so gegönnt. Aber ich kann Dich gut verstehen, weil ich im Moment auch ganz schön im "Hamsterrad" bin :-)

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