Dienstag, 6. September 2011

Finale mit Brokkoli Spezial und dem Unausprechlichen

Auf Armeslänge entfernt, links neben mir, steht er, Steffen Henssler. Chic sieht er aus. Schwarzer Anzug, weißes Hemd, Manschettenknöpfe, das hat er wegen Heike und mir an :-). Mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht hüpft er von einem Bein aufs andere. Ich traue meinen Augen kaum: Steffen "Turnschuh" Henssler trägt einen eleganten schwarzen Herrenschuh (falsch: zwei elegante schwarze Herrenschuhe). Ich glaube sie drücken.......

Wir müssen vom oberen Backstage-Bereich hinunter ins Studio. Heike und ich gehen voran, das neue Männerteam "Hopp Schwiiz" ist hinter uns. Die haben Angst, die haben so Angst, also mehr Angst, als ich vor 5 Tagen, obwohl das kaum geht. Noch vor einer halben Stunde sagte uns eine Mitarbeiterin der Redaktion: "Ihr habt ein sehr nettes Männerteam, die gönnen Euch den Sieg." Wie? Vorher schon? Kampflos?

Jetzt kommt sie wieder die traumatische letzte Treppe im Halbdunkel. Hinter uns flüstert einer der Männer: "Könnte eine nicht bei uns mitkochen?". Aber das dürfen wir ja nicht, dafür wissen wir, daß Steffen immer eine helfende Hand hat. Das wird schon.

Wie sie es geschafft haben diesen letzten Warenkorb so auf den Punkt zu präsentieren, zeigt mir, daß hier nicht manipuliert wird. Ich esse wirklich alles sehr gerne, außer einem und das geht gar nicht: Sauerkraut!!! Ich habe ein schweres, hysterisches Sauerkraut-Trauma!!! Ratet mal, was im Warenkorb ist?

Noch dazu ist es ein Zuschauerwarenkorb. Wie kommt man als Zuschauer darauf, so etwas Schreckliches in den Warenkorb zu packen? Aber mir wurde klar, daß es einen extrem hohen logistischen Aufwand bedeutet die Zusammenführung einer Zutatenhasserin mit eben dieser Zutat genau zu takten. Die Arbeit macht sich keiner, bringt auch nichts. Im Team sind immer zwei Personen und in diesem Fall heißt Team: toll ein Anderer machts.

Ach ja, der Warenkorb:
Blutwurst, Kalbsrücken, Majoran, Sauerkraut, Brickteig, Polenta, Brokkoli, Winzersekt, Trauben, Walnüsse, Gorgonzola
, Birne.

Für unseren 10.000er Warenkorb haben wir uns dieses Menü ausgedacht:
Blutwurst mit Sauerkrautstrudel
*
Kalbsrücken mit Polenta und Brokkoli
*
Pfannkuchen mit Früchten

Unsere Strategie bisher war immer kiss - keep it smart and simple - und das ist voll aufgegangen. Wir haben unsere Gerichte sehr einfach angelegt, die sehr guten Grundprodukte sollten wirken. Wir haben wenig zusätzliche Aromen zugegeben, kritische Gerichte wie Suppe ausgelassen, Zutaten mit Scheitereffekt (Aubergine) weggelassen. Und jetzt Brokkoli. Mit Brokkoli kann man nur verlieren. Macht man große Röschen, sieht das dämlich aus und meist bleiben sie zu roh. Macht man kleine Röschen werden sie gerne braun oder matschig. Wir hatten aber nicht soviele Zutaten, um den Brokkoli rauszukicken, wir brauchen ihn. Da gab es nur eine Lösung: wir machen den Stiel. Der Brokkoli, den wir gesehen hatten, hatte einen wunderschönen langen Stiel. Wir kommen an den Arbeitsplatz. Da liegt er, der kleine Kopf. NUR der Kopf!

Steffen kommt vorbei, muntert uns auf, wir haben schon die Brokkolipanik in den Augen und machen ihn auf unser Problem aufmerksam. Er geht zu seinem Arbeitsplatz und schneidet von seinem Brokkoli den perfekten Stiel ab und gibt ihn uns. Danke, danke, danke. Jetzt kann eigentlich nichts mehr schief gehen.

Mulmig ist mir schon. Das Risiko liegt immer bei 50:50 und es wäre doch sehr schön, wenn wir auch die vierte Runde gut überstehen. Bei mir läuft es ganz gut, der Kalbsrücken ist schnell im Ofen, die Polenta blubbert vor sich hin. Mit einem Stich Gorgonzola schmeckt die so gut, daß ich den gewonnenen Parmesan gar nicht mehr dazu gegeben habe. Der wurde richtig überflüssig.

Schnell fürs Dessert noch ein paar Walnüsse karamellisieren. Da habe ich jetzt durch unsere gesammelten Karamellvariationen der letzten Tage den Dreh raus. Das Problem für mich waren diese schwarzen Herd- und Pfannenböden. Da sehe ich nichts und sehr leicht brennt etwas an. Karamell bei TGJ geht nur mit Butter und Zucker gleichzeitig schmelzen. Streng nach Stefan Marquard noch eine Prise Salz dazu und es gibt wunderbaren Karamell.

Letzte Minute! Uaaaaah! Auf keinen, wirklich gar keinen Fall, wollen wir einen leeren Teller präsentieren und es ist noch so viel zu tun. Blutwurst braten, Sauerkrautstrudel braten - das wollten wir à la minute machen. Hauptgang anrichten. Heike bringt das perfekte Dessert schon nach vorne, ich drücke ihr die Vorspeise in die Hand - auch vorne. Jetzt noch der Hauptgang, die Sekunden rasen vorbei. Brokkoli, wo ist der Brokkoli? Töpfe umschichten - ALARM: der Brokkoli ist NICHT gegart. Aber er sieht hübsch aus, kleine Scheibchen, naßglänzendes Hellgrün. Egal, mit einem beherzten Griff hole ich ihn mit der Hand heraus und werfe ihn auf den Teller. Heike schafft es, den Hauptgang in der letzten Sekunde unter die Cloche zu bugsieren. Ob das gut geht?

Ich habe Frank Rosin, 1 Michelinstern, 18 Punkte Gault Millau, zum Hauptgang einen rohen Brokkoli auf den Teller gelegt!!!

Es ging irgendwie sogar sehr gut - er hat ihn nicht probiert. Erleichterung macht sich breit. Glaubt mir dieser Brokkoli sah so hübsch aus, der hat bereits damit gepunktet :-).

Diese letzten Sekunden in der Sendung haben mich so gestresst, daß ich wirklich den totalen Tunnelblick hatte. Wieso sagt Steffen, bevor Frank kommt, es wäre ein klares Ergebnis? Verstehe ich nicht? Haben Christoph und Ingo schlecht gekocht? Hat er probiert? Bei uns hat er, wie in allen Sendungen, kaum probiert. Woher kann er das wissen? Beruhigt hat er mich nicht. Als Frank den ersten weißen Teller aufdeckt, glaube ich immer noch nicht an den Sieg. Als er alle Brokkolifehler, die wir uns im Vorfeld auch gedacht hatten, aufzählt, glaube ich immer noch nicht an den Sieg. Als er den zweiten weißen Teller aufdeckt und Heikes Dessert nicht einmal probiert, kann ich es fassen. Dabei war das ein Fehler, lieber Frank, die Sauce zu den Crepes war sensationell.

So langsam fällt die Anspannung ab, das Publikum rast, auch die Männertribüne ist ganz aus dem Häuschen. Unsere Fankurve hyperventiliert, die Silberstreif-Jungs Christoph und Bernd freuen sich mit, unsere netten und charmanten Finalgegner freuen sich mit - ach, es war so schön. Frank macht sich wie selbstverständlich noch einen ordentlichen Teller aus den restlichen Hauptgangkomponenten an unserem Arbeitsplatz und nimmt ihn mit nach oben. Der Topf mit der Sauce wird vom Team restlos ausgeleckt. Das freut die Köchinnen.

Und der nächste Warenkorb schaut wieder soo gut aus. Heike und ich hätten richtig Lust. Wir fragen, ob wir für 20.000 noch einmal dürfen, aber wir dürfen nicht :-(.

Schnell müssen wir alle das Studio verlassen. Die vielen fleißigen Helfer haben bereits begonnen die Küchen zu putzen. Es steht noch ein Drehtermin an, ohne uns. In der nächsten Sendung kommt endlich eine wirklich talentierte und fernseherfahrene Köchin. Alles bei Hamburg kocht nachzulesen. Diese Sendung solltet Ihr Euch nicht entgehen lassen. Wir haben sie im Backstage-Bereich gesehen, mit unseren Weltklasse-Fans, unseren "Jungs", deren Begleitungen und unendlich viel Bier.

Vorher holen wir unsere Taschen aus dem oberen Aufenthaltsraum, aus der Maske springt ein junger Mann und stammelt: "Wir sind so froh, daß wir nicht gegen Euch kochen müssen!" Ehrlich gesagt, war ich noch nie in meinem Leben in der Situation, daß Männer vor mir Angst haben. Eine interessante Erfahrung.

Die Party im unteren Aufenthaltsraum war sowieso die bessere. Wir haben soviel gelacht und gefeiert, daß vorsichtshalber die Türe geschlossen wurde, weil wir so laut waren...... Und eine große Tafel Schokolade für jede von uns, von dem netten Schweizer gab es auch noch. Merci, vielmals.

In der Redaktion haben uns alle ganz herzlich gratuliert und sich ehrlich mit uns gefreut - da wird nichts getürkt oder versucht Gewinne einzusparen. Alles nur komische Spekulation, ohne Wahrheitsgehalt. 

Gemeinsam sind wir ins Hotel und waren noch etwas in der Lobby. So gegen 21.00 Uhr machte sich ein leichtes Hungergefühl bemerkbar. Da ist mir dann auch aufgefallen, daß ich zwei Tage kaum geschlafen, kaum etwas gegessen hatte und viel zu wenig getrunken, aber dafür stimmte das Verhältnis Prosecco und Bier nicht. Und jetzt? Hunger? Burger? Dem netten Barkeeper ist es zu verdanken, daß wir wenigstens in einem American Restaurant gelandet sind.

Endlich: Siegermenü

25 Kommentare:

  1. JUCHHUUUUUUUUUUU!!!!
    Ganz herzlichen Glückwunsch von mir! Ihr seid suuuuuper!!!

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  2. Herzlichen Glückwunsch, liebe Dorothée! Ihr habt es wirklich verdient! Das war eine ganz große Show und ich freue mich für Euch!

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  3. Ich habe gerade besoffen dem Anstreicher die Tür aufgemacht und ihn sofort zugelabert, wie toll ihr gewonnen habt. Als er fragte, ob er sich mal das Zimmer anschauen könne, fiel mir wieder ein, wieso er eigentlich in der Diele stand.

    Ihr habt das so souverän hinbekommen, ich bin so begeistert, mir fehlen zwar nicht die Worte, aber die richtigen schon.

    Ganz großes Kino! Und morgen guck ich auch....

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  4. Köstlich! Dein amüsanter Bericht und alles andere!
    Herzlichen Glückwunsch!

    PS. Hast den Pacojet eigentlich schon?

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  5. herzlichen Glückwunsch auch an dieser Stelle, gestern und heute habt Ihr wirklich aufgetrumpft.

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  6. Herzlichen Glückwunsch, das habt ihr sooo toll gemacht! Ich habe Dein Zwetschgenlikörchen noch, das trinke ich heute auf euch beide!

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  7. Meinen allerallerallerherzlichsten Glückwunsch!! Ihr habt das so sehr verdient und ich freue mich rießig für euch! Vielen Dank dass ich dank deiner Einträge fast das Gefühl hatte ein bisschen dabei gewesen zu sein. Heike und du seit sowas wie Vorbilder für mich geworden, das meine ich Ernst. Wer so sicher und gut - und das ganz ohne Schischi, obwohl ihr das ja auch drauf habt, kocht beeindruckt mich mehr als jeder 1,2 oder 3 Sternekoch mit jahrelanger Ausbildung. Ihr seit fabelhaft!

    Liebste Grüße,

    Lilly

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  8. Fantastic read, almost like being there....so well-deserved your win. It was a pleasure to meet you both. You are great girls...

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  9. habt ihr gut gekocht,complimenti.....Stefano

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  10. Meine allerherzlichsten Glückwünsche, ihr ward wunderbar!!!
    Verdient gewonnen!
    Und danke für die schönen Berichte, machte grossen Spaß dadurch "dabei" zu sein!

    LG
    Kate :)

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  11. Herzlichen Glückwunsch!!
    Habt euch toll geschlagen und verdient gewonnen :-)

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  12. Geschafft!
    Herzlichen Glückwunsch!
    Obwohl, morgen nachmittag wird mir was fehlen - Euch zuzusehen war ein Riesenvergnügen.

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  13. Ge-ni-al!
    Ich freu mich riesig für euch zwei

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  14. Jetzt hab ich die letzte Folge zwar noch garnicht gesehen - aber die ersten drei waren schon soooo cool ;) Ich drück dich und freu mich auf dei Wiederholung morgen früh!

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  15. das wäre es gewesen, ihr wart um die Ecke bei uns....da hättet ihr auch vorbeikommen können. NDR liegt gegenüber......

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  16. Vielen, vielen Dank für Eure Unterstützung - es war wirklich super.

    Und mit dem Paco lasse ich mir noch ein bißchen Zeit. Ich hoffe auf einen Messepreis. Glaubt mir, das rechnet sich.

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  17. Liebe Dorothée,

    auch an dieser Stelle noch einmal meine herzlichsten Glückwünsche zu Eueren fantastischen Auftritten! Schlichtweg überragend!

    Es war mir eine Freude, Euch zu verfolgen und die Daumen zu drücken. Wie souverän, professionell, sympathisch und natürlich Ihr das gemeistert habt!!!

    Genießt Eueren Gewinn!

    Viele Grüße
    Kristina

    P. S. Mein Google/Blogger-Account wurde vor einiger Zeit gehacked. Um nicht anonym zu posten, weiche ich mal auf diese Methode aus.

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  18. Ach, ich bin ja richtig traurig, dass es schon vorueber ist, es war soooo schoen!

    Ihr seid einfach toll und ich gratuliere Euch ganz herzlich zum klaren, souveraenen Sieg.

    Wunderbar war auch, dass Ihr uns hinter die Kulissen mitgenommen habt und wir somit fast Life zuschauen konnten. Da waren mir sogar die letzten sonnigen Tage in Berlin Wurscht, wir durften erst raus, nachdem ich Euch beim Kochen und Gewinnen zugeschaut habe.

    Danke danke danke - und wo kann man Euch wiedertreffen?

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  19. Herzlichen Glückwunsch - mit der Zeit und den Waren wie echte Profis umgegangen. Schade, war ein bißl unehrenhaft die entscheidende Runde, mit den 2 leeren Tellern der Jungs - mais tant pis! Zehntausend Euro - WoW!

    Buschi, da du den Marquard so gepuscht hast (dafür müßte für dich ein Essen bei dem drin sein), finde ich ja doch, dass du wenigstens eine Entdeckung, die du bei ihm gemacht hast, blogtechnisch mit uns teilst. Ich bin neugierig geworden.

    Übringes: IRRE tapfer von dir die Sauerkrautsuppe zu probieren und dabei nicht mit der Wimper zu zucken ;o)

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  20. auch von mir noch einmal herzlichen Glückwunsch! Toll gemacht!

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  21. Ganz toll habt ihr das gemacht! Ihr habt wirklich verdient gewonnen. Viel Spaß beim Geldausgeben. ;)

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  22. Liebe Dorothée,

    endlich konnte ich mir die letzte Folge im Internet anschauen. Die vom ZDF haben sie erst heute reingestellt. Was soll man da noch sagen? Ihr habt einfach sensationell gekocht. Ich könnte mir jetzt noch einmal 4 Folgen mit euch anschauen. Gratulation und Ehre wem Ehre gebührt.

    Es grüßt mit viereckigen Augen

    Martin

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  23. Hallo Bushi,
    bin gerade zurück aus den Bergen und kann euch erst heute herzlich gratulieren. Bravo, super gekocht und auch sonst habt ihr euch wacker geschlagen.Wenn wir uns beim nächsten Event sehen, muß das gefeiert werden!
    Gruß Ulla

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  24. Liebe Ulla,
    Du hast so recht - das schreit nach Party.

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  25. Hallo =)
    Nun am Wochenende hatte ich auch endlich Zeit, "eure" Topfgeldjäger-Folgen anzuschauen (habe mit Absicht nicht in deinem Blog nachgeschaut, ob ihr gewinnt - um die Spannung zu halten).
    Einfach super toll - herzliche Gratulation! Ich kenne einiger deiner Gerichte schon von wo anders und wurde bisher nicht enttäuscht =).

    Herzliche Grüsse aus der Schweiz sendet dir
    Lunetta

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1. Ich freue mich darüber.
2. Ich versuche ihn in den nächsten Tagen zu beantworten.
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4. Ich mache sonst nichts. Die Kommentare stehen einfach so unter dem Blog-Beitrag.
5. Wenn Du das nicht willst, nimm' einfach die Finger von der Tastatur.
6. Ich verkaufe keine Daten, ich mache keine Auswertungen damit und ich lösche nichts. Ich lebe ein ganz normales Leben und habe Freude am Kochen und am Teilen meiner Erfahrungen. Für alles andere habe ich keine Zeit, keine Nerven und keine Erfahrung.