Samstag, 29. August 2015

Stefan Wiesner - der Hexer vom Entlebuch

Wer sich mit Spitzengastronomie beschäftigt, kommt an Stefan Wiesner nicht vorbei. Das, was er macht, ist einzigartig - er nennt es "avangardistische Naturküche". Darunter versteht er ein Gesamtkunstwerk aus regionalen Produkten mit denen er die Sinne der Gäste ansprechen will. Es gibt einige Fernsehsendungen, leider nur im Schweizer Fernsehen, in denen er seine Ideen vorstellt. Seine beiden Kochbücher "Gold, Holz, Stein" und "Avangardistische Naturküche" besitze ich schon seit einigen Jahren und genau so lange, wollte ich einmal dort essen.

Sein Gasthof Rössli liegt in Escholzmatt-Marbach, mitten im Entlebuch. Da wo es so ist, wie man sich die Schweiz vorstellt: bergig, sattgrüne Wiesen und glückliche Kühe. Wer jetzt einen gastronomischen Tempel erwartet, der wird enttäuscht sein. Das Rössli ist der örtliche Dorf-Gasthof und ist somit auch eine Begegnungsstätte für die Menschen vom Ort. Und trotzdem, oder vielleicht deswegen, kommen Gourmets aus der ganzen Welt, um eins der spektakulären Wiesner-Menüs zu essen. Die beiden unterschiedlichen Karten werden bestens gehandelt.



Jeder Gang wird von Stefan Wiesner ausführlich vorgestellt. Dabei erzählt er, wie er zu dieser Idee kam und wie es kulinarisch umgesetzt wurde. Auch wenn ich es mir manchmal nicht vorstellen konnte, war es doch genau so, wie er sagte. Dabei geht es nicht um bloße Show-Effekte, die Gerichte schmecken auch noch ausgezeichnet. Unser Menü trug den Namen: "Der neurogastronomische Frühling".

Bereits bei der Tischreservierung habe ich die Gluten-Intoleranz von Herrn bushcook angegeben. Es gibt selten Probleme damit. Meist wird eine alternative Zubereitung gefunden, oder die Küche lässt etwas, wie Brösel, einfach weg. Bei Stefan Wiesner wurde jeder einzelne Krümel anders und glutenfrei zubereitet. Es gab keine Komponente, die gefehlt hatte, nicht einmal ein kleines Detail. Das hat uns sehr beeindruckt.



Ouvertüre:
Douglasnadel-Sirup mit Nelke, getrockneter Himbeere mit Schaumwein Rosenau Brut AOC
Toni Ottinger, Kastanienbaum, Luzern

Vorgeschmack - Marcel Proust:
Lindenblüten-Infusion mit Pfefferminz-Sandgebäck

Erinnerung an Japan:
Butter mit Kirschblütensalz und Kirschsteinöl

Brot im Brot:
Altbrot im Maisbrot mit Muskat und Zimt


 
 
Spiele im Sandkasten:
Erde aus Torf, Pumpernickel, gekochtem Bulgur, Rapssamen und braunem Senf
eingelegt in Arvendestillat, versetzt mit gedünsteten Morcheln, getrockneten Pflaumenstückli, Hagebuttenpüree und Lärchennadeln
Sand zum Spielen aus Arvennüsschen, gekochtem und gepopptem Haferkern,
Rettichsamen und getrockneten Zwiebeln
Spielsachen aus Heidelbeeren, Misteln, Erbsen, Randen, Sellerie, Kohlraben, Radieschen
und Borretschblüten




Kinder mögen es oder nicht:
Stockfisch gegart in Absinthmilch im Ultraschall
Kabeljau, mariniert mit getrockneten Aprikosen angerichtet auf Fenchelwürfeln und Lakritzsauce garniert mit veraschtem Fenchel, Mädesüsskraut und Fischhautchips begleitet mit Süssholz




Ei im Kaffee direkt in den Riechkolben:
Ei, mariniert in Kaffeebohnen und auf Kaffee angerichtet mit Schangnauer Dunkelbierschaum, Braugerste geröstet, Rauch aus Kaffeesilberhaut, Braugerstenpapier und Salz,
beklangt mit Hühnergegacker




Hase im Hasenfutter:
Kaninchenrückenfilet, konfiert mit siliertem Mais und Maiskeimöl, weisse Polenta,
Farina Bona, Karottenlocken, angesäuert mit Kefir und Karottendicksaft, Hasenspur aus Kaninchenfarce und Heuasche, Zaunwicke, Schaumkresse, Spitzwegerichknospen
und getrocknete Maiskörner serviert mit siliertem Gras




Ein Rind geht unter die Haut:
Rindsentrecote, mariniert in Milchessig, Rindsschwanz gezupft, Rindsjus, Rindsmark,
Alpkäse im Rindsledersirup
Kartoffel, frittiert im Rindsfett, mit Graupen und gebackener Kartoffelschale als Konfitüre
mit Muuuhhh


Zum Zwischengang kann man eine Käseauswahl bekommen, die seinesgleichen sucht. Die Käse sind alle regional und stammen aus 20 km Umkreis. Stefan Wiesner erklärt jeden Käse genau. Dazu gibt es Birnenbrot und eine große Auswahl Senf und Confits - selbstverständlich ist alles hausgemacht.



Ich glaube ich säge im Wald:
Rehspiess, mariniert mit Rottannenschwarte, Kornelkirsch-Echalotten
süss-saure Sauce aus Tannenschösslingen, Hornsteinsalz, gebackene Totentrompeten,
frittierte Silberflechten, Tannensamensprossen, Waldklee und geröstete Rottannenzapfensamen




Ziege mit plagender Biene auf der Wiese:
Ziegenmilch und Rahm-Pannacotta mit Honig, Alpenrosenblüten und Huflattichessig, Joghurtstreusel, Veilchensauce und Blütenpollen auf der Wiese




Korb mit Gartenkräutern
Schokoladensorbet aus 74 % Elvesia-Felchlinschokolade mit Rosapfeffer befüllt mit
gebackenen Kräutern aus Salbei, Rosmarin, Estragon und Thymian bestäubt mit Caramellstaubzucker, angerichtet im Korb mit frischen Kräutern




Finale
Haselnusshölzchen zum Schlecken
überzogen mit Haselnussgianduja und caramellisierter Felchlinschokolade

1 Kommentar:

  1. Grosses Kino im hintersten "Chrachen" der Schweiz (nicht despektierlich gemeint) :-)
    Liebe Grüsse aus Downtown Switzerland,
    Andy

    AntwortenLöschen

Was passiert, wenn Du hier einen Kommentar hinterlässt?
1. Ich freue mich darüber.
2. Ich versuche ihn in den nächsten Tagen zu beantworten.
3. Dein Kommentar und Dein Kontakt wird gespeichert. Das ist ein Standard von Blogger, dem Tool, das ich nutze, um diesen Blog zu schreiben.
4. Ich mache sonst nichts. Die Kommentare stehen einfach so unter dem Blog-Beitrag.
5. Wenn Du das nicht willst, nimm' einfach die Finger von der Tastatur.
6. Ich verkaufe keine Daten, ich mache keine Auswertungen damit und ich lösche nichts. Ich lebe ein ganz normales Leben und habe Freude am Kochen und am Teilen meiner Erfahrungen. Für alles andere habe ich keine Zeit, keine Nerven und keine Erfahrung.