Dienstag, 10. März 2015

Rezension: Pasta loca von Stefan Marquard

Kennt Ihr noch die Anfänge des deutschen Kochfernsehens? Da gab es irgendwann einmal "Kerner kocht". Eine Talkrunde war ausgefallen, aber die Köche waren noch greifbar, die vorher als Talkgäste vor der Kamera standen. Und dann wurde halt gekocht und das kam bei den Fernsehzuschauern so gut an, dass daraus ein langjähriges Format entstand. Ehrlich gesagt vermisse ich die Sendung heute noch.

Kerner kocht - das war bewusst falsch formuliert. Die Köche kochten und Johannes B. Kerner moderierte das Ganze. Ein einziges Mal kochte er mit und zwar ein Rezept, wir können es auch "Bau-Anleitung" nennen, von Stefan Marquard. Stefan hatte sich Gedanken über Rezepte gemacht, die Kindern Spaß machen und brachte ein Rennauto aus Gemüse in die Sendung mit. Das hat den Moderator, einen vierfachen Vater, so begeistert, dass er es sofort nachgekocht hat.

Auch Stefan Marquard ist zweifacher Vater und engagiert sich schon sehr lange für die gesunde Ernährung von Kindern. Der "junge Wilde" ist nicht mehr ganz so wild, aber immer noch jung geblieben, um mit Spaß und Kreativität Kinder in der Küche zu begeistern. Da lag es fast auf der Hand, dass sein neuestes Kochbuch "Pasta loca" neue Pasta-Ideen für Groß und Klein präsentiert.




Stefan Marquard war zu jung für die Kochlehre und startete seinen beruflichen Weg mit einer Ausbildung zum Metzger. Danach konnte er im "Hotel Rebstock" in Würzburg die zweite Ausbildung zum Koch beginnen. Berufserfahrung sammelte er im "Gasthof Rottner" in Nürnberg und im damaligen Top-Gourmet-Restaurant "Graues Haus" in Oestrich-Winkel. Der Industrielle und Gourmet Adalbert Schmitt schickte ihn ein Jahr nach Italien, wo er in den 12 besten Restaurants Italiens kochte. Nach der Rückkehr machte er ihn 1989 zum Küchenchef der "Taverna la Vigna" in den Schweizer Stuben in Wertheim-Bettingen. Der Grundstein zu Stefans Liebe zur Cucina casalinga war gelegt und das Restaurant wurde zur besten italienischen Küche in Deutschland. Zwei Jahre später machte sich Stefan mit den "Drei Stuben" in Meersburg selbständig und war mit einem Michelin-Stern und 18 Punkten Gault Millau bewertet. Nach dieser Zeit stand ein Umzug nach München an und er übernahm die kulinarische Leitung des "Lenbachs" in München. Als Geburtstagsgeschenk ging die gesamte Mannschaft mit ihm zum neuen Arbeitgeber. Die nächste Station war der Aufbau eines europaweit agierenden Caterers - der Jolly Roger Cooking Gang, in der auch wieder seine Freunde und Ex-Kollegen engagiert waren.

Parallel dazu arbeitete Stefan Marquard an seiner Fernsehkarriere, die er mit den Kochprofis begann. Es folgten einige unterschiedliche Formate und aktuell kann man ihn noch in der ZDF-Sendung Küchenschlacht sehen. Heute konzentriert er sich darauf Restaurants konzeptionell zu beraten und Gastronomen zu schulen. Auf Messen und bei großen Events kann man ihn auf der Show-Bühne treffen und der Andrang der Fans ist ungebrochen.

Das Buch im DIN A 4-Format mit Lesebändchen ist an vier Tagen in einer Workshop-Atmosphäre entstanden. Initiiert wurde es von dem Familienportal mawaju.de und die Mitarbeiter waren ebenso dabei, wie sechs Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren. Kochen mit Kindern bedeutet sehr viel interaktives Geschehen und diesem Gedanken hat das Buch Rechnung getragen und viele QR-Codes veröffentlicht. Dahinter verbergen sich Links zu Rezept-Videos mit Stefan und Einkaufslisten. Die Einkaufslisten können sogar auf die benötigte Personenzahl umgerechnet und als E-Mail verschickt werden. Für die Videos sollte man sich vorher den kostenfreien File Manager herunter laden, ansonsten landet man beim Drücken des Play-Buttons auf einer Spiele-App. Das hat mir nicht so gut gefallen.

Stefan ist ein sehr kreativer Kopf und beschränkt sich bei Nudeln lange nicht auf das, was wir so zwangsläufig darunter verstehen. So bietet das Buch auf 224 Seiten rund 80 Rezepte rund um die Nudel. Zum Einstieg gibt es ein paar Basics zu Stefans Koch-Philosophie und zur grundsätzlichen Behandlung von Nudeln. Dann geht es schon weiter im großen Nudel 1 x 1 und der Weg zur selbstgemachten Nudel wird genau beschrieben. Dabei werden unterschiedliche Sorten und Füllungen und das Färben von Nudeln in Wort und Bild erläutert. Der Rezeptteil gliedert sich in die Kapitel:
- Saucen und Dips
- Suppen
- Pasta loca (dahinter verbergen sich Rezepte, die den Kindern viel Spaß gemacht haben)
- Veggie
- Fleisch
- Fisch
- Süsses
Abgerundet wird alles mit ergänzenden Kapiteln Nudel-ABC, Kräuter-Parade, Küchen-Einmaleins, Küchenbegriffe. In diesen Kapiteln erfahren wir, welche Nudelsorten es gibt, welche Kräuter und welcher Käse besonders gut zu Nudeln passen, welche Küchen-Utensilien wir brauchen und die in den Rezepten verwendeten Fachbegriffe werden erläutert. Zum Inhaltsverzeichnis gibt es eine Übersicht, in der die Pasta-Rezepte aufgelistet sind, die besonders geeignet sind für Kinder. Den Abschluss machen ein alphabetisches Rezept- und Zutatenregister.

Zu jedem Rezept gibt es nicht nur ein Rezeptbild, sondern auch eine Icon-Leiste, mit der man sich einen schnellen Überblick verschaffen kann. Die Icons informieren über Zubereitungszeit, Schwierigkeitsgrad, Lieblingsgerichte der Kinder, vegetarische Rezepte und ob ein Backofen notwendig ist. Stefan zeigt, was man mit Nudeln und aus Nudeln alles machen kann. Die Rezepttexte sind knapp gehalten und es ist immer empfehlenswert zuerst das ganze Rezept zu lesen. Beim Ablauf hätte ich manche Arbeitsschritte in eine andere Reihenfolge gebracht.

Es ist nicht vergleichbar mit Kochbüchern über die klassische italienische Nudelküche. Die Rezepte sind völlig neue Ideen oder neue Varianten bekannter Klassiker. Und damit sind Gerichte für alle Lebenslagen dabei, egal ob man für die schnelle Alltagsküche kochen oder Gäste bewirten möchte. Auch Kombinationen, die auf den ersten Blick seltsam wirken, schmecken sehr gut. Dazu tragen ein paar Koch-Basics von Stefan bei, die ich schon seit vielen Jahren anwende. Wer sich daran gewöhnt hat, Gemüse so zu aktivieren, wie Stefan es beschreibt, wird sich künftig schwer tun zum herkömmlichen blanchieren zurückzukehren.

Bei der Auswahl der Rezepte für meinen Praxistest war es mir wichtig, dass ich das Gericht so anpassen kann, damit es Herr bushcook mit seiner Gluten-Intoleranz auch essen kann. Dabei kam mir zu Hilfe, dass es für die Saucen aus dem ersten Kapitel Saucen und Dips auch Gerichte gibt, bei denen sie verwendet werden. So hat man z. B. auch die Möglichkeit einmal schnell gekochte Fertignudeln mit Sauce zu essen und mit dem Rest ein besonderes Gericht zu zaubern. Ich entschloss mich also zwei Saucen zuzubereiten und das passende Gericht. Damit habe ich eigentlich sogar vier Rezepte ausprobiert. Besonders gefreut habe ich mich natürlich über die glutenfreien Asia-Reisnudeln. Bei den gefüllten Tintenfischen war es nicht möglich es genauso auch glutenfrei zuzubereiten, aber ungefüllt und nur gebraten haben sie auch sehr gut geschmeckt.


Asia-Reisnudeln mit chinesischen
Hackbällchen und Thai-Pesto












Gefüllte Tintenfische in
Paprika-Linsen-Sauce












Fazit:
Pasta loca ist ein Kochbuch mit innovativen Nudelrezepten, die große Lust aufs Ausprobieren machen. Dazu tragen auch die vielen stimmungsvollen Fotos der engagiert kochenden Kinder bei. Es ist für die Alltagsküche, aber auch für die Gästebewirtung geeignet. Kochanfänger werden durch Videos unterstützt und auch Hobbyköche finden neue Anregungen.

2 Kommentare:

  1. Klingt spannend das Buch, allerdings weiß ich nicht, ob mein Minimädel die beiden Pastagerichte essen würde, die du testgekocht hast ;-) Ich vermute, du hast dir eher die "erwachseneren" Gerichte ausgesucht? Liebe Grüße!

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    1. Dazu kenne ich Deine beiden Süßen zu wenig, aber es sind jede Menge Gerichte in dem Buch, wo ich mir vorstellen kann, dass sie viel Spaß daran haben werden. Ich musste bei meiner Rezeptauswahl ja andere Kriterien berücksichtigen :-)

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6. Ich verkaufe keine Daten, ich mache keine Auswertungen damit und ich lösche nichts. Ich lebe ein ganz normales Leben und habe Freude am Kochen und am Teilen meiner Erfahrungen. Für alles andere habe ich keine Zeit, keine Nerven und keine Erfahrung.