Samstag, 23. September 2017

Rezension: Korsika - Das Kochbuch von Nicolas Stromboni

Kochbuchsüchtige haben immer sehr gute Gründe, weshalb ein neues Kochbuch ins Haus muss. Eines meiner Standard-Argumente ist, dass ich ein Kochbuch haben muss, von allen Regionen, die ich bereist habe. Kaum zu glauben, vor 27 Jahren war ich auf Korsika und erst seit ein paar Wochen halte ich das passende Kochbuch in den Händen. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur sagen, dass wir mit dem Fahrrad unterwegs waren und uns mit dem Gepäck sehr einschränken mussten. Also konnte ich vor Ort keines kaufen und in Deutschland gab es keines. Dafür habe ich mir von dieser Reise das schönste Souvenir mitgebracht, das man sich denken kann, meinen Mann.

Mit dieser Vorgeschichte war ich sehr neugierig auf "Korsika - Das Kochbuch" von Nicolas Stromboni.



Obwohl ich auf Korsika war, bin ich mit der korsischen Küche wenig vertraut, da wir uns meistens Wurst, Käse, Brot und Oliven gekauft haben. Zum Essen in ein Restaurant sind wir nur zweimal gegangen. Einmal, oben auf dem Monte Cinto und zum Abschiedsessen vor Abfahrt mit der Fähre in Bastia. Ich habe das Essen eher als klassisch französisch in Erinnerung. Wie sehr die korsische Kulinarik "terra incognita" ist, wurde mir sehr schnell beim Durchblättern des Buchs und bei der Beschaffung der Zutaten bewusst.

Glücklicherweise ist der Autor Nicolas Stromboni Korse und führt die größte korsische Weinhandlung  "Le Chemin de Vignobles" in Ajaccio. Er setzt sich besonders für regionale Produkte und Produzenten ein und wurde 2011 zum besten Weinhändler Frankreichs gewählt. Sein geballtes Fachwissen und seine Freude am Genuss sind bei diesem Buch deutlich zu spüren.

"Korsika - Das Kochbuch" ist viel mehr, als nur ein Kochbuch. Es ist eine kulinarische Enzyklopäde über Korsika. Der Aufbau der Kapitel ist auf die typischen Produkte ausgerichtet. Vorgestellt werden:
- Das korsische Schwein
- Kalb, Lamm und Wild
- Korsischer Käse
- Produkte aus dem Meer
- Obst und Gemüse
- Desserts
- Kleine Nebensachen
- Korsische Weine

Jedes Kapitel wird von einer allgemeinen Erläuterung und dem Portrait eines Produzenten eingeleitet (manchmal werden auch mehrere thematisch passende Produzenten vorgestellt). Danach finden wir die detaillierte Vorstellung der einzelnen Produkte in Wort und Bild. Im Anschluss daran gibt es passende Rezepte, die mit diesen Produkten gekocht werden können. Das Kapitel über die Weine beschreibt ausführlich die Besonderheiten und die Rebsorten des korsischen Weinbaus. Mehrere Winzer-Portraits schließen sich an.

Was mir besonders gut gefällt, sind die Authentizität der Produkte und der Gerichte und die hohe Fachkompetenz des Autors. Hier wird typische Länderküche so präsentiert, wie sie ist und nicht an touristische Einflüsse oder aktuelle Food-Trends angepasst. Auf Korsika wird viel Fleisch gegessen und viel Wurst, dem wird in diesem Buch Rechnung getragen, bis hin zu "exotischen" Gerichten, für die Vögel verwendet werden, die in Deutschland nicht auf dem Speiseplan stehen.

Wie eingangs erwähnt, hatte ich Schwierigkeiten alle Zutaten im Original zu bekommen. Einen online-Versender habe ich gefunden, der aber auch nicht alles anbietet. Allerdings war ich so neugierig auf eine Kastanienpolenta mit Figatelli, dass ich mir diese Wurst bestellt habe. Ich muss noch etwas Geduld haben, bis sie kommt und werde dieses Rezept später vorstellen.

Der Aufbau der Rezepte ist klassisch auf einer Doppelseite, eine Seite für das Rezeptbild, die andere für Zutatenliste und Zubereitungsanleitung. Schön ist, dass die Personenangabe bei jedem Rezept steht und auch schon auf notwendiges Koch-Equipment hingewiesen wird. Als Weinhändler ist der Autor natürlich Weinexperte und empfiehlt zu jedem Gericht einen korsischen Wein. Er beschreibt anschaulich, weshalb dieser Wein gut passt und hat mich einmal so neugierig gemacht, dass ich mir diesen Wein unbedingt bestellen wollte. Leider habe ich ihn nicht gefunden.

Sehr gelungen ist auch das alphabetische Register am Ende des Buches. Es listet die typischen Zutaten auf und nennt dann die passenden Rezepte dazu.

Dieses Buch hat mir soviel kulinarische Neuentdeckungen geliefert, dass ich bei der Auswahl der Rezepte sehr pragmatisch vorgegangen bin, wie die Gerichte in meine knapp bemessene Zeit passen. Ich entschied mich für das Kalbstatar, da ich es gerne essen und auf die unbekannte Kombination mit Minze neugierig war und für das Kalbsragout, da es sich gut aufwärmen lässt und somit schon für mehr als einen Tag gekocht war. Für beide Gerichte habe ich Alternativ-Zutaten verwendet und glaube schon, dass ich dem Original-Geschmack nahe gekommen bin. Geschmeckt hat es uns sehr gut und es war eine neue kulinarische Erfahrung. Der Rezepttext war sehr gut verständlich und genau beschrieben, somit war das Nachkochen kein Problem.



Kalbstatar mit Minze und Zitronenschale

http://www.bushcook.de/2017/09/kalbsragout-mit-oliven-aus-korsika-das.htmlKalbsragout mit Oliven


















Polenta aus Kastanienmehl mit Figatelli und Ricotta


















"Korsika - Das Kochbuch" ist für Korsika-Liebhaber ein Muss, die kommen an diesem Buch nicht vorbei. Wer von der aktuellen Entwicklung des Kochbuch-Markts gesättigt oder gelangweilt ist, findet hier endlich einmal etwas Neues. Es hat mir viel Freude gemacht Korsika noch einmal von einer ganz anderen Seite zu entdecken und seitdem habe ich das Gefühl, ich müsste dringend noch einmal dort hin. Insofern muss ich auch eine kleine Warnung aussprechen, das Buch könnte teure Folgekosten auslösen :-).

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