Samstag, 4. März 2017

Rezension: Cuisine Alpine von Andreas Döllerer

Ganz nah bei Salzburg liegt der kleine Ort Golling. Für den Guide Michelin ist das nicht nah genug. Aus Gründen, die ich nicht nachvollziehen kann, gibt es keinen Guide Michelin für Österreich und nur Wien und Salzburg sind in der Ausgabe der "Main Cities of Europe" aufgeführt. Wenn das anders wäre, dann hätte Andreas Döllerer mit Sicherheit einen Michelin-Stern, vermutlich sogar zwei. Dem Gault Millau ist seine Arbeit 18 Punkte wert. Wir waren vor ein paar Jahren in seinem Restaurant zu Gast und sehr angetan von seiner modernen Interpretation der österreichischen Küche. (Hier geht es zum damaligen Bericht.) Letztes Jahr durfte ich ihn auf der Bühne der Chefsache erleben und hatte den Eindruck, dass er noch konsequenter auf heimische Produkte zurück greift.

Sein zweites Kochbuch "Cuisine Alpine" beschreibt eindrücklich seine Philosophie und seinen Kochstil.


Andreas Döllerer stammt aus einer Gastronomenfamilie. Die Döllerers Genusswelten sind ein Familienbetrieb mit einem Wirtshaus, einem Gourmet-Restaurant, einem Hotel, einer Metzgerei mit Feinkost und einem Weinhandel. Da werden viele Hände und viel kulinarischer Sachverstand gebraucht. Zum Start seiner beruflichen Laufbahn besuchte Andreas Döllerer die Hotelfachschule in Bad Hofgastein. Daran schlossen sich einige Stage-Aufenthalte in Österreich und der Schweiz an, bevor es ein Jahr zu Dieter Müller ins Schlosshotel Lerbach ging. Seit 2004 ist er Küchenchef im Restaurant Döllerer. Gault Millau zeichnete ihn 2010 zum "Koch des Jahres" aus und Rolling Pin im Jahr 2015.

Das großformatige Buch ist mit einem Leineneinband ausgestattet und steckt zum Schutz in einem Schuber. Es besticht auf den ersten Blick mit vielen großformatigen Fotos von der alpinen Landschaft, Produzenten und ihren Erzeugnissen, den Rezeptfotos und der Familie Döllerer und ihrem Betrieb. Dazu gibt es viel Interessantes zu Lesen über die Philosophie der Cuisine Alpine und den Weg dort hin zu kommen, wo Andreas Döllerer heute steht.

Die Rezeptkapitel orientieren sich an den Produkten, die in seiner Küche im Fokus stehen. Das sind Fisch, Kaviar, Wildpflanzen aus den Alpen, Alpenmilch, Getreide, dem Bauerngarten, Milchkalb, Lamm, Schwein, Rind, Huhn und Schokolade. Auch seinen kulinarischen Kindheitserinnerungen wurde ein Kapitel gewidmet. Diese Kapitel lassen uns verstehen, wie wichtig der richtige Produzent für einen Koch ist und wie er seine Erzeugnisse in Gerichte umsetzt. Wer einen Weinhandel betreibt, für den haben natürlich auch die Winzer einen hohen Stellenwert. Ein Kapitel ist dem Trinken gewidmet und stellt viele namhafte österreichische Winzer vor.

Den Rezepten ist ein kleiner Einleitungstext vorangestellt. Ich mag das immer sehr gerne, da man Hintergrundinformationen bekommt und etwas über die Gedanken des Kochs erfährt. Danach teilt sich das Rezept in die Zutatenliste und die Zubereitungsanweisung. Auf dem Bild gegenüber ist ein Foto mit dem angerichteten Ergebnis. Die Rezepte sind klar und verständlich beschrieben. Einige grundsätzliche Dinge werden vorausgesetzt. Beispielsweise wird nie erwähnt, dass Gemüse gewaschen werden soll. Ich halte das für vernünftig, da es die Rezepte verschlankt und von diesem Basiswissen darf man bei Rezepten eines Spitzenkochs ausgehen. Besonders gut gefallen hat mir, dass es sich wirklich um Rezepte von Gerichten handelt, die auch auf der Speisekarte stehen und es gelungen ist, sie vernünftig für kleine Mengen zu adaptieren.

Auf der Suche nach Rezepten, die ich nachkochen wollte, hat mich vieles angesprochen. Sehr schnell habe ich mich für die Enziansteine entschieden, da das Rezept so verblüffend einfach klang und tatsächlich genauso war. Beim Lachs und bei dem Lammhaxerl habe ich mich davon leiten lassen, was ich demnächst gerne essen möchte und es hatte den Charme, dass die selben Wurzelgemüse verwendet werden. Das erleichtert den Einkauf und erspart Reste. Die Umsetzung ging mir sehr gut und entspannt von der Hand. Ich war froh darum, dass ich die Lammhaxerl komplett vorbereiten konnte und am nächsten Tag nur zu erwärmen brauchte. Geschmeckt hat es uns ausgezeichnet. Ich würde alle drei Gerichte jederzeit auch Gästen servieren.


Wurzelfleisch vom Lachs mit
Schnittlauch und Kren

















Geschmortes Lammhaxerl mit confierten Tomaten und Rosmarinerdäpfel
Enziansteine



















Fazit:
"Cuisine Alpine" von Andreas Döllerer ist ein Kochbuch mit sehr ansprechenden Rezepten aus der Spitzen-Gastronomie, die trotzdem von einem guten Hobbykoch umgesetzt werden können. Darüber hinaus verführt es zum Schmökern und Lesen. Es ist eine sehr runde Geschichte über die Philosophie eines Kochs, ohne abgehoben zu sein, und gibt einen tiefen Einblick in die Entwicklung eines gastronomischen Konzepts.

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